Bei meiner kulinarischen Weltreise habe ich neben unbekannten Gerichten auch immer wieder viel vom dazugehörigen Land gelernt. Jetzt bin ich kulinarisch eher lokal unterwegs und suche traditionelle, manchmal auch schon vergessene, aber auch emotionale Gerichte aus Österreich und auch hier gibt’s viel Interessantes. Heute hat mich diese Suche zurück in meine Heimat, das Burgenland geführt. Das östlichste, jüngste und an seiner Einwohnerzahl kleinste Bundesland ist erst seit knapp 100 Jahren ein Teil Österreichs. Wie der Name vermuten lässt, spielten Burgen bei der Namensgebung eine große Rolle. Witzigerweise ist aber keine der namensgebenden Burgen (Wieselburg, Ödenburg, Eisenburg, Pressburg) heute Teil des Burgenlandes und sie liegen alle nicht auf österreichischem Staatsgebiet.

Die „Bauln“ gehören aber ganz klar zum Burgenland und die „Poncichter“ waren und sind in der Gegend zwischen Neusiedlersee und Ödenburg (heute Sopron) daheim. Ach ja, wir reden hier von Bohnen und Bohnenzüchtern, aber das war dir schon klar, oder?😜 Klarerweise gibt es daher auch viele Bohnengerichte im Burgenland, die auch wichtige Eiweißquellen in einer Zeit waren, als Fleisch noch etwas Besonderes und Seltenes war. Da gibt es unter anderen Bohnengulasch, Bohnenlaibchen, Bohnensterz und Bohnensuppe und Bohnenstrudel. Natürlich gibt es viele verschiedene Rezepte für den Bohnenstrudel und jeder Haushalt hat wohl seine Vorlieben bei der Füllung. Da gibt’s Strudeln mit Grieß, mit Semmeln, mit oder ohne Speck und fast immer mit viel Majoran. Eine Besonderheit ist auch noch der Purbacher Bohnenstrudel, der einfach in einer Pfanne mit heißem Schmalz goldbraun gebraten und nicht im Backrohr gebacken wird. Der steht also heute auf meinem Plan und weil ich schon bei Traditionen bin, habe ich den Strudelteig auch gleich selbst gemacht. Man(n) hat ja sonst nichts zu tun, wenn es draußen kalt wird.😉
Bohnenstrudel 🇦🇹
Quellenangabe: Inspiriert durch Maria Rüssel, Purbach aus dem Buch „Wie schmeckt das Burgenland“
Tags: #einnudelsiebbloggt #kulinarischquerdurchoesterreich
Zutaten (4 Portionen):
Bohnen-Füllung
- 400 g Bohnen, weiß und getrocknet
- 2 Lorbeerblätter
- 3 Semmeln, vom Vortag (180 g)
- 2 Zwiebeln (200 g)
- 50 g Butter
- 2 EL Majoran, getrocknet
- 250 g Sauerrahm
- Salz
- Pfeffer
- Öl oder Schmalz, zum Backen (optional)
Strudelteig
- 250 g Mehl, glatt
- ½ TL Salz (2g)
- 125 g Wasser, lauwarm
- 35 g Öl
- 1 Tl Essig
Beilage
- Sauerrahm
- Majoran, frisch
Zubereitung:
Bohnen-Füllung
-
Die getrockneten Bohnen über Nacht in kaltem Wasser einweichen, abseihen und in einem großen Topf mit Wasser (ohne Salz!!) und den Lorbeerblättern zugedeckt weich kochen. Das kann je nach Größe der Bohnen gut eine Stunde oder mehr dauern. Die gekochten, weichen Bohnen abseihen, abkühlen, in eine große Schüssel geben und mit der Gabel leicht andrücken.
400 g Bohnen, weiß und getrocknet
2 Lorbeerblätter -
Die Semmeln in zirka 1cm große Würfel schneiden und antrocknen lassen.
3 Semmeln, vom Vortag (180 g)
-
Die Zwiebeln schälen, klein würfeln und in einer Pfanne mit der Butter und dem getrockneten Majoran glasig rösten.
2 Zwiebeln (200 g)
50 g Butter
2 EL Majoran, getrocknet -
Die Zwiebel, die Semmelwürfel und den Sauerrahm zu den Bohnen geben.
250 g Sauerrahm
-
Die Masse kräftig mit Salz und Pfeffer würzen und alles gut vermischen.
Salz
Pfeffer
Strudelteig
-
Das Mehl und das Salz in die Rührschüssel der Küchenmaschine geben und eine Mulde formen.
250 g Mehl, glatt
½ TL Salz (2g) -
Das Wasser, das Öl und den Essig hineingießen und mit dem Knethaken zu einem glatten Teig verarbeiten.
125 g Wasser, lauwarm
35 g Öl
1 Tl Essig -
Den Teig aus der Rührschüssel nehmen und mit der Hand fertig kneten, bis er seidig glänzt (ca. 5 Minuten)
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Den Teig zu einer Kugel formen, mit wenig Öl bestreichen und in einer Klarsichtfolie wickeln und 30 Minuten rasten lassen.
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Den Teig auf einem bemehlten Strudeltuch gleichmäßig rechteckig ausrollen und mit den Händen dünn ausziehen. Am einfachsten geht das über den bemehlten Handrücken.
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Die Bohnen-Füllung auf der Hälfte des Teiges verteilen, dabei die seitlichen Ränder freilassen.
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Die restliche Teigfläche mit flüssiger Butter (oder Öl) bestreichen und eventuell den dicken Teigrand am Ende wegschneiden.
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Den Teig seitlich einklappen und mit dem Strudeltuch straff einrollen und die Enden gut verschließen.
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Mit einem dicken Kochlöffelstiel kleine Strudel (zirka 8 cm) abdrücken und gut verschließen.
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In der Pfanne Öl oder Schmalz erhitzen und die kleinen Bohnenstrudel darin auf beiden Seiten goldbraun herausbacken.
Öl oder Schmalz, zum Backen (optional)
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Den Bohnenstrudel mit Sauerrahm anrichten und mit Majoran bestreut servieren.
Sauerrahm
Majoran, frisch
💡 Alternativ kannst du abgetropfte und abgespülte Bohnen aus der Dose verwenden.
💡 Du kannst den Bohnenstrudel, im Ganzen oder in Stücken, auch mit Butter bestreichen und im Backrohr bei 200°C Heißluft (nicht vorgeheizt) in zirka 35-40 Minuten goldbraun backen. Macht auf jeden Fall weniger Sauerei am Ofen!😉




Den Bohnenstrudel in der Pfanne zu braten hätte ich jetzt auch probiert😉, aber in Zukunft werde ich das wohl wieder im Backrohr machen.
Letzter „Fun Fact“ für heute: Da es im Burgenland traditionell wirtschaftlich schwierig war, wanderten viele Burgenländer auch nach Amerika aus. Kein Wunder also, dass Chicago einst die Stadt mit der größten „burgenländischen“ Bevölkerung war. Um 1970 lebten etwa 30.000 Burgenländer in Chicago, was damals etwa der dreifachen Einwohnerzahl der Landeshauptstadt Eisenstadt entsprach. Das könnte aktuell bei 15000 Einwohnern in Eisenstadt möglicherweise auch heute noch so sein.😉
Gutes Gelingen!

Lieber Günter,
sieht einfach nur köstlich aus, Dein Bohnenstrudel. Aber so köstlich wie er aussieht, so viel Arbeit mag da wohl auch dahinter stecken. Noch dazu mit einem selbst gezogenem Strudelteig!!! Na ja, der erinnert mich an meinen Vater (auch aus Graz) der im Herbst oft Apfelstrudel für die Familie fabriziert hat. Da wurde immer ein großer Tisch in die Küche gestellt, ein Leintuch darüber gelegt und dann der Strudelteig darauf gezogen und gezogen. Wie ein Magier hat er mit seinen Händen den Teig immer größer und dünner werden lassen. Ganz dünn und filigran war der Teig am Schluss… hatte dann aber auch hier und da ein Loch 🙈… und man konnte die Hände meines Vaters darunter durchscheinen sehen, so wie Deine auf dem Foto. Da kamen bei mir wieder diese Erinnerungen. 😅 Je dünner und feiner der Teig am Schluss war, um so blätteriger und knuspriger war der Strudel nach dem Backen. Also ich habe mich daran bis heute noch nicht wirklich getraut. Respekt für Deinen Bohnenstrudel mit dem großartigen selbst gezogenem Teig. 👏
Liebe Grüße aus dem Wohnzimmer,
Amalie
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Liebe Amalie,
ich kann gut verstehen, warum das bei Dir solche Erinnerungen auslöst. Mir geht es ganz gleich und ich kann mich gut erinnern, dass ich meiner Mutter immer schon gerne beim Strudelteig ausziehen geholfen habe. Natürlich mit den dazugehörigen Löchern im Teig.😂 Das war damals einfach so und fertigen Strudelteig gab es schlicht und einfach nicht. Im Grunde ist es ja auch nicht schwierig und wenn der Teig nicht ganz so dünn wird, so ist er dennoch besser. Vielleicht konnte ich Dich mit meinem Beitrag motivieren und Du versuchst es einfach.😉
Vielen lieben Dank und ganz liebe Grüße aus Graz,
Günter
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Am bekanntesten ist der Bean Burrito. Zwar nicht so aufwendig wie dein Rezept, aber sehr beliebt. Nach einigem Schauen im Netz sah ich noch eine Menge Bean Pies, hauptdächlich süsse, aber auch ein paar deftige. Diese Pies gibt es mit einer Menge verschiedener Bohnen. Sie sehen für mich ein wenig nach Pumpkin Pies aus und ich denke, daß sie aus der Not geboren waren. Bohnen gab es überall und getrocknet und waren ein absolutes Grundnahrungsmittel, also eine logische Entscheidung, etwas daraus zu machen.
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Ja, Bohnen-Rezepte gibt es in der Tat sehr viele, auch bei uns in Österreich. Die Bean-Burritos lachen mich aber an. Wäre ja was für meine „kulinarische Weltreise“. Danke für die Inspiration.
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Erst war ich verduzt beim Überlegen, welche Rezepte kenn ich. Erst nur eines, und zwar ein Bean Burrito. Der ist tatsächlich sehr populär, sogar auf beiden Seiten der Grenze nach Mexico. Dann aber fand ich auch eine ganze Reihe von Rezepten, die Bohnen in Pies , also in Pasteten verarbeiten, und zwar oft süß. Und das erinnert mich an asiatische Desserts, die auf Bohnen aufgebaut sind. Der Unterschied zu deinen Bohnen ist, dass alle Rezepte mit pürierten Bohnen gearbeitet haben. Die Vielfalt kam von der Vielfalt der Bohnen, die Verwendung fanden.
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Das Rezept klingt spannend und war wie immer interessant zu lesen. Ich liebe so „unnützes Wissen“ zu Themen, mit denen man sich sonst eher nicht beschäftigen würde! 😁
Strudelteig selbst zu ziehen käme für mich nicht in Frage (mir bricht schon beim Gedanken der Schweiß aus 😅). Respekt! Aber mit gekauftem Teig und Bohnen aus der Dose erscheint mir das alles durchaus praktikabel… 🤔😄
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Also da bin ich ganz bei Dir, liebe Oda. Im Normalfall kaufe ich den Strudelteig auch, das war echt eine Ausnahme, hat aber Spaß gemacht.😉
Und ja, dass ist echt „unnützes Wissen“ und in diesem Fall auch etwas Erinnerung an meine „alte“ Heimat.
Ganz lieben Dank für’s lesen.🥰
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Das ist ein Rezept, von dem ich vorher nie gehört habe, aber es macht mich neugierig. Als Amerikaner gibt es in meiner Esskultur einige Rezepte, die Teige und Bohnen verbinden, also gibt es da Gemeinsamkeiten. Wie ich vor kurzem gelernt habe, hat Chicago einige Einflüsse von Einwanderern (was Wunder!), und ich wäre interessiert zu erfahren, welchen Einfluss die 30.000 Burgenländer in Chicago haben. Das muss irgendwo nachlesbar sein, gerade weil die Österreichische Küche weltberühmt ist.
Ich versuche mal die nächsten Tage nachzuschauen 🙂
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Das könnte schon sein, dass es hier durchaus kulinarische Einflüsse in Chicago gibt. Bei einem Besuch der Verwandten meiner Frau in Chicago vor vielen Jahren, haben wir eine Bäckerei und ein Restaurant mit österreichischen Wurzeln besucht. Es gibt auch eine Burgenland-Community im Internet und da habe ich auch eine Liste mit Rezepten aus der alten Heimat gefunden. (https://www.the-burgenland-bunch.org/Recipes.html) Wäre ja durchaus möglich, dass hier einige Gerichte „amerkianisiert“ wurden.
Welche Rezepte mit Teig und Bohnen aus Amerika kennst du?
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Der Bean Burrito kommt mir zuerst in den Sinn. Darüber hinaus fand ich einige Rezepte für Bean Pies, die oft süß, aber manchmal auch herzhaft waren. Die kommen mir vor wie Rezepte aus dem 19. Jhdt, während der Zeit des Zugs der Siedler nach Westen (weil getrocknete Bohnen ein Grundnahrungsmittel war und Not oder Mangel erfinderisch macht).
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